Heute kann sie nicht mehr sagen, wann sie angefangen hat, sich zu fragen, was sie da eigentlich tut. Was sie für ein Leben führt. Ob es das ist, was sie führen möchte. Trotz jahrelanger Langeweile im Bürokratendschungel, trotz des „nicht Hineinpassens" in die bequeme und überkorrekte Beamtenwelt. Trotz zunehmender Unzufriedenheit, immer häufiger auftretender Migräneattacken und Magen-Darmprobleme, hat sie noch lange gebraucht, um aus diesem für sie unglückseligen Hamsterrad auszusteigen. Denn sich einzugestehen, dass das eigene Leben und der ausgeübte Beruf so gar nicht erfüllend sind, ist das Eine. Dies aber auch Freunden und Familie und dem Partner gegenüber zu offenbaren und sich zu trauen alles zu ändern- dass ist etwas ganz anderes. Zumal sich das Verständnis und Mitgefühl in ihrem Umfeld zunächst sehr in Grenzen hielt. „So sei das nun mal,“ „sie solle doch froh sein, einen sicheren Job zu haben,“ „Beamtin und das in der heutigen Zeit…“ Diese und viele weitere klischeehafte Aussagen, trugen mit bei, zu weiteren Jahren der Unzufriedenheit und Frustration.
Der Wandel in die Depression verlief schleichend. Aber auch als sie diesen Zustand nicht mehr vor sich selbst verleugnen konnte, versuchte sie weiter zu funktionieren und schleppte sich jeden Tag auf die Arbeit. 41 Stunden die Woche am Schreibtisch, mit Akten- und PC-Arbeit, die sie nicht im Geringsten interessierte. Fast immer mit einem Lächeln im Gesicht, bloß nichts anmerken lassen, vor den zum Teil raubeinigen Kollegen.
Die sich verschlimmernden gesundheitlichen Beschwerden und schließlich die Diagnose: „chronische Darmentzündung“ mit Anfang 30 waren zunächst ein Schock.
Heute weiß Susanne, dass dies vermutlich ihre Rettung war. Es war nicht nur der Wink, sondern der Schlag mit dem Zaunpfahl, der sie endgültig wachrüttelte. „Da habe ich mich endlich getraut zu sagen, dass es so nicht weitergeht. Das ich so nicht weitermachen will, kann und werde.“
Inzwischen war sie mit ihrem neuen Partner, der sie dabei unterstützt ihren eigenen Weg zu gehen, ein halbes Jahr in Portugal und entdeckte dort ihre Liebe und Begeisterung für ein oftmals missverstandenes und unterschätztes Säugetier mit langen Ohren – Esel.