Hoffnung pflanzen
Es ist Ende Dezember und ich schaue mit Adleraugen auf mein letztes Jahr.
Renewal Time.
In grüner Farbe heben sich einige Momente von dem Papier vor mir ab...
Das "Singing Tree"-Lied beim Food-Forest-Pflanzen mit Lars singen
Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche mit Valentin und meiner Mais-Pflanze
mit Flery über die Walbdrände in Griechenland weinen
Permakultur-Design-Kurs mit Warren
Doku-Film-Verzweiflungen
den Singing Tree mit Flo pflanzen
das "Amelie-Maiskorn" mit Valentin pflanzen
Hoffnung
pflanzen
das "Amelie-Maiskorn" mit Valentin pflanzen
Da ist das Bild der kleinen süßen Setzlinge, die ich im frühen Frühling am Hohlenstein gieße, wenn Valentin nicht da ist. Es macht mir Freude und jagt mir gleichzeitig Angst ein. Wie viel Wasser brauchen die jetzt? Kommt da noch grün? Oh Gott, hab ich heute schon gegossen? Ich bin eigentlich immer froh, wenn Valentin selbst da ist.
Mehrmals lädt er mich zum Samensetzen ein. Einen Nachmittag nehme ich mir endlich Zeit, und helfe ihm, die Körner in die Erde zu stecken. Eine seltene Sorte Mais, die er mit viel Experimentierfreude zum Leben wiedererwecken will. Er tunkt sie in eine Jauche aus Brennnessel und anderem Feinen, um den kleinen Samen die Essenz von dem mitzugeben, was ihnen auf ihrer Reise helfen soll. Er lädt mich ein, einem der Maiskörner meine Essenz mitzugeben. Also stecke ich neugierig ein Maiskorn in den Mund, lutsche etwas darauf herum und gebe es dann nebst einer „Amelie“-Markierung in die Erde.
den Singing Tree mit Flo pflanzen
Da sind die Klänge und das freudige Lachen von der Pflanzung des ersten „Singing Tree“ an Ostern, einem Kirschbaum, den Flo und ich am Hohlenstein pflanzen. Wir haben ihn mit den Einnahmen für unser Online-Konzert „Jodeln für Bäume“ erjodelt und damit eine Vision, die Flo anfangs des Jahres hatte, in die Tat umgesetzt. Der Singing Tree soll ein Baum sein, um den getanzt und gesungen wird, unter dem Mensch sitzen und Lieder erlauschen kann, ein Baum, der mit so viel Melodie gepflanzt wird, dass seine Kirschen eines Tages nach süßer Harmonie schmecken. Es ist die erste Baumpflanzung meines Lebens, und wir haben uns vorher nicht damit beschäftigt, wie das überhaupt geht. Ich fühle mich ziemlich unbeholfen mit diesem jungen Bäumchen in der Hand. Wie gut, dass Isabella neben mir ist und die angedrückten Wurzeln lockert.
Doku-Film-Verzweiflungen
Da sind die bewegten Bilder von einem Rausch von Dokumentarfilmen, dem Flo und ich uns hingeben. Über die Verwüstung in der Sahelzone Afrikas, und die Flüchtlingsströme, die einer leblos trockenen Landschaft entfliehen. Über unser Geldsystem, was Fülle für einige Wenige und Mangel für extrem viele andere verursacht, und die Ausbeutung von Mutter Erde in seine Funktionsweise eingeschrieben hat. Über die Auslaugung unserer heimischen Böden und die Frage, wie viele Ernten uns noch bleiben. Da ist riesige Verzweiflung, Hilflosigkeit und Tränen. Mein Leben macht keinen Sinn. Wie soll ich bloß weitermachen?! Wie sollen wir Menschen bloß weitermachen?!
mit Flery über die Walbdrände in Griechenland weinen
Da ist der Geruch von Rauch, zu dem ich aufwache, auf einer Permakultur-Farm in Griechenland. Es ist Hochsommer und die Waldbrände wüten wild, gar nicht weit von uns. Zum ersten Mal spüre ich am eigenen Leib, was es bedeutet, in einer so trockenen Landschaft zu leben. Ständig im Ungewissen, ob das, was man jahrelang aufgebaut hat, die Gnade haben wird, weiter zu existieren. Flery, die Landhüterin, weint. Ich weine mit.
Permakultur-Design-Kurs mit Warren
Da sind all die Bilder von unserem Permakultur Design Kurs in Deutschland. Der Klang der Groschen, die fallen, als ich verstehe, dass nicht das Wasser knapp ist, sondern der Boden ausgelaugt. Dass wir den Regen zuerst pflanzen müssen, bevor wir Bäume pflanzen. Da sind die Geschichten von Warren, unserem Lehrer, und die Bilder von Wüstenlandschaften, die er in grüne Paradiese verwandelt hat. Da ist die gelebte Hoffnung, dass wir Menschen den Wandel tatsächlich gestalten können. Da sind Folien und Flipchart-Papiere voller Food Forest-Erklärungen. Da ist ganz viel Theorie und Hintergrundwissen. Und das bunte Tribe-Leben beim Anlegen eines gigantischen Hügelbeets.
Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche mit Valentin und meiner Mais-Pflanze
Da ist der Geschmack von Valentins Maispfanne zur Herbst-Tag-und-Nachtgleiche bei meinem Besuch am Hohlenstein. Meine Pflanze steht noch und ist - wohl aufgrund meiner DNA-Impfung - ordentlich nach oben geschossen, hat aber wenig Frucht gebildet. Tsss was ein toller Spiegel der Natur! Aber was eine Freude, mir von dieser Maispflanze durchs Gesicht streicheln zu lassen. Sie hat es tatsächlich geschafft zu wachsen!
Das "Singing Tree"-Lied beim Food-Forest-Pflanzen mit Lars singen
Da ist das Lied, das mir am Tag der Pflanzung des ersten Singing Trees kam, nun in eine portugiesische Landschaft eingebettet während ich Hafer säe:
„Live in the now/
and live for tomorrow/
you can bring healing to the land/
Plant seeds of joy instead of sorrow/
take Mother Earth into your hand“.
Dann ist die nächste Baumreihe dran. Wir legen einen Food Forest an im Sinne der syntropischen Agrikultur. Bald kommt der Regen hier im portugiesischen Winter, die perfekte Zeit, um die von Lars selbst gezogenen kleinen Bäumchen in die Erde zu geben. Die verschiedenen Grüntöne und kleinen, zarten Blätter der Bäume malen mir ein Lächeln ins Gesicht.
Der Zauber der Rauhnächte lässt mich all diese Momente nebeneinander sehen. Plötzlich steigen mir Tränen in die Augen und ein Schauer breitet sich von meiner Brust über Schultern und Arme aus:
Ohne dass ich es gemerkt habe, hat sich beständig ein grüner roter Faden durch mein Leben gewirbelt. Selbst im ausweglosesten Moment kann ich ihn jetzt sehen! Tatsächlich scheint dieser Faden genau im größten Schmerz seine Kraft getankt zu haben, um mit umso klarerer Ausrichtung weiter Richtung Licht zu wachsen. Meine Entwicklung über das letzte Jahr ist eins mit der von Mais, Singing Tree und Food Forest.
Ich seufze tief.
Im Bestaunen dieser Kraft,
die mein Leben wirbeln lässt
in feinst orchestrierter Ordnung.
Amelie
Quellen-Verzeichnis
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